Ein Mensch alleine mit seinem Cello, vor der mächtigen Kulisse der untergehenden Sonne, völlig eigetaucht in die Interpretation einer Bachsuite. — Kennen Sie das: Was in der Beschreibung vielleicht kitschig klingen mag, ist manchmal in Wirklichkeit authentisch schön. So erlebte man bei seinem ersten Konzert auf der Terrasse eines Hotels am Pazifikstrand Nicaraguas den jungen Cellisten Juan-Sebastian Forero Jaramillo aus Kolumbien, der seit einem halben Jahr als Gastlehrer am Kulturhaus Casa de los Tres Mundos arbeitet.
Sebastian wurde vor 26 Jahren in Bogota, der Hauptstadt Kolumbiens geboren und studierte dann in Medellín Musik. In Nicaragua ist er nun zum zweiten mal zu Gast, um an der Casa Tres Mundos und im Projekt Música en los Barrios in Managua Cello, Kammermusik und Orchester zu unterrichten. Dank den großzügigen Spendern von Pan y Arte und der Stiftung Hilti kommen unsere Projekte so in den Genuss einer musikalischen Expertise, die in Nicaragua heute nicht leicht zu finden ist.
Das gesamte Leben von Sebastian vibriert von der Leidenschaft für die Musik. Mit sieben Jahren begann sein Cellounterricht und bereits im Alter von 14 bis 17 Jahren erhielt er Theorie- und Instrumentalunterricht an der renommierten Universidad Nacional de Bogota. Er schloss sein Studium 2014 ab und machte 2016 einen Master im Konzertfach Cello an der ebenfalls renommierten EAFIT-Universität von Medellin (Kolumbien). Seit sechs Jahren nimmt Sebastian an einem umfassenden musikalischen Schulungsprogramm der IberAcademy teil, an dem sich Musikstudenten und Lehrer aus Peru, Kolumbien, Bolivien, Chile, Nicaragua und Spanien fortbilden. Die in Medellín ansässige IberAcademy konzentriert sich auf qualitativ hochwertiges Lernen und die ganzheitliche Entwicklung von Musikern. Sie bietet intensive Musikseminare und Schulungen in Medellín an und koordiniert Aufführungen mit dem New World Symphony-Orchester in Miami, sowie Touren in Kolumbien und Europa.
Für Sebastian ist die Musik eine Möglichkeit, sein Leben mit anderen Menschen zu teilen. Wenn er auf dem Cello spielt, fühlt er sich „schwebend“ wie er sagt, und betritt eine eigene Welt, sein persönliches „Paradies“. Sebastian führt dieses Bild noch weiter aus: Wenn er musiziert, spielt recht eigentlich nicht er selbst, sondern „er hört zu, entdeckt und druckt aus, was die Musik ihm offenbart“. Er lässt Musik gleichsam offen und frei durch ihn hindurchfließen.
Sebastian ist der Ansicht, dass die Casa Tres Mundos und Música en los Barrios den Kindern und Jugendlichen aus Nicaragua eine großartige Möglichkeit bieten, nicht nur ein Musikinstrument zu erlernen, sondern sich auch als Menschen zu verbessern und positiv auf die Gesellschaft einzuwirken. Und zwar ganz konkret: Durch die musikalische Ausbildung lernen Kinder Respekt, Toleranz, Geduld, Durchhaltevermögen, und Konzentration. Sebastian glaubt, dass dies nicht nur positive Auswirkungen auf die Kinder selbst hat, sondern auch auf ihre Familien, denn ebendiese Werte und Verhaltensweisen strahlen von den Kindern auf ihr Umfeld ab.
Das Land Nicaragua bietet auf dem klassischen Musiksektor, so Sebastian, ein breites Betätigungsfeld, denn es gäbe hunderte potenzielle hochbegabte Musikschüler, die einfach nur nicht die Chance haben, mit Musik in Berührung zu kommen, oder jedenfalls nicht mit einem Programm, das sich auf Qualität konzentriert. Was allerdings benötigt wird, ist Zeit, Engagement und Ausdauer. Um diese Eigenschaften zu entwickeln, fördert Sebastian das Musikprogramm an der Casa mit einem ganzheitlichen Ansatz, bei denen Qualität, Pünktlichkeit, Respekt vor einander, gesunde Ernährung und die ernsthafte, intensive Auseinandersetzung mit Musik im Vordergrund stehen.
Für die Zukunft träumt Sebastian davon, weiter Cello zu studieren, in Deutschland, Österreich oder Italien, und natürlich zu spielen, „um mit den großen Fischen zu schwimmen“, wie er sagt. Und er ist zuversichtlich, dass dies möglich ist, und dass er sich als Musiker und vor allem als Mensch weiter verbessern will. Die Casa Tres Mundos und Música en los Barrios haben das große Glück, einen so begabten und inspirierenden Musiker für eine Zeitlang als Gastlehrer zu haben. Wir danken Sebastian von Herzen und wünschen ihn eine erfüllende musikalische Karriere, wo immer er sein mag.
Odette Langlais, Trad. JK
November 2018
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